Drei Wochen sind wir nun schon auf der Südinsel Neuseelands; 23 Tage, in denen wir uns bei Liz und Tom ein (temporäres) Zuhause eingerichtet haben, zu welchem wir während unserer einjähriger Reise durch Neuseeland immer wieder zurückkehren können – als Home-Base sozusagen. Dass dies super wertvoll ist, wussten wir vor Ankunft schon und als wir von vertrauten Gesichtern am Flughafen empfangen wurden und bei eisigen Temperaturen einige Zeit später mit einem Tee vor dem Holzofen saßen, war die Dankbarkeit noch grösser. Richtig bewusst wurde es uns auch, als wir mit „Herbie Hunchback“, unserem Campervan, auf die Farm rollten und wir dank Toms Werkzeugen den ausgebauten Van noch auf unsere Bedürfnisse zuschneiden konnten und wir durch Liz das Fahren im Linksverkehr lernten. Am allerschönsten war aber, dass wir einfach Zeit hatten, um anzukommen und Vergangenes der letzten Jahre auszutauschen. Die Gastfreundschaft der beiden hat es uns einfach gemacht, uns trotz der alternativen Lebensweise, die Tom und Liz für sich gewählt haben, wohlzufühlen. Die beiden wohnen in ihrem ausgebautem Schulbus auf einem Grundstück einer Farm („The Land“) und haben sich von Warmwasser-Outdoordusche bis Gästezelt alles selber aufgebaut. Dazu gibt es Hühner und Hazy, die einjährige Hündin und Hüterin des Grundstücks. Gehütet werden muss aber eigentlich nichts, hier lässt jeder seinen Autoschlüssel in der Zündung stecken und zum Wäsche waschen läuft man beim Nachbarn einfach ins Haus. Matthias und ich haben die ersten 1,5 Wochen im Belltent geschlafen, wodurch wir uns schonmal an die Temperaturen und das Draußen-sein gewöhnen konnten.
Hier ist jetzt der Frühling angekommen, tagsüber wird es in der Sonne schon richtig heiß, nachts waren es für einige Tage noch Minusgrade und an einem Morgen war die kleine Farm mit Schnee bedeckt. Umso besser, dass wir die Abende zum Kochen und Erzählen im warmen Bus verbracht haben und Liz uns nie ohne Wärmflasche eine Gute Nacht wünschte. Den Jetlag hatten wir gut überstanden und entschieden uns, die ersten zwei Vormittage direkt mit zu verschiedenen Wochenendmärkten zu gehen. Hier verkaufen Liz und Tom französische Crêpes und wir konnten die Gegend kennenlernen und erste organisatorische Dinge wie Sim-Karte kaufen erledigen, und das Internet nach Campervans durchforsten. Nach sorgsamer Durchsuche von Facebook Marketplace schauten wir uns drei Vans an und entschieden uns letztendlich nach nur einer Woche für einen ausgebauten Mitsubishi. Unsere Kriterien waren neben einem dritten Sitz vorne auch ein hohes Dach zum Stehen, weniger als 300.000 gefahrene Kilometer, am liebsten manuell, ausgestattet mit Solar, „self contained“-Plakette und das alles bitte für höchstens 10.000 Euro. Dass wir irgendwo Abstriche machen mussten, wurde uns beim Anschauen der ersten Campervans schnell klar und da „Herbie“ fast alle Kriterien erfüllte, kauften wir ihn auch trotz einiger Mängel, was im Übrigen wesentlich unkomplizierter ist als in Deutschland und man mit einem ausgefüllten Dokument und Reisepass einfach zur nächsten Post laufen kann. In Neuseeland werden die Autos allerdings auch gefahren, bis der Reifen abfällt und auch bei den TÜVs wird gerne mal ein (oder beide?) Augen zugedrückt. Da weder Matthias noch ich Ahnung von Autos haben ging es also auch erstmal direkt zur Werkstatt, um Herbie auf Herz und Nieren zu prüfen, fielen durch den TÜV durch, ließen reparieren und erneut prüfen. Mit frischer WOF (Warrant of Fitness) ging es einen Tag später wieder zum Mechaniker, um die undichte Tür, den dauerhaft blinkenden Warnblinker und die Bremsen überprüfen zu lassen, die nach einer Fahrt mit angezogener Handbremse glühten (upsi). Somit war unser Auto-Budget auch ausgereizt und wir hoffen, dass uns der Van ohne größere Zwischenfälle nun für ein Jahr als Zuhause und fahrbarer Untersatz dienen wird. Der Vorteil eines Vans mit „self contained“ Plakette (dafür braucht man Dinge wie eine fix installierte Toilette und Spüle mit Frisch-Wasser und Abwasser-Container) ist es, dass man auf sogenannten „Freedom Camps“ umsonst stehen darf- und davon gibt es hier nicht wenige.
Zur Zeit befinden wir uns die zweite Nacht auf einem Freedom Camp in Akaroa auf einer Halbinsel nicht weit von Christchurch entfernt, denn vorgestern ging unser erster Roadtrip los! Bei Liz und Tom haben wir noch einige Verbesserungen am Van vorgenommen, Matthias hat ein Solarpanel installiert, die Toilette wurde mit Holz verkleidet und wir haben überall Haken verteilt und es uns mit Lichterketten gemütlich gemacht. Erst wenn wir richtig im Van leben, werden wir merken, was noch fehlt, was woanders verpackt werden muss und wie wir am effektivsten das Bett machen, ohne ständig alles von A nach B räumen zu müssen. Neue Routinen finden, während jeder Tag anders aussieht als der vorherige. Ich war selbst überrascht, wie schnell das Einleben bei Liz und Tom ging und es fiel nicht so leicht, die Farm zu verlassen. Aber jetzt, wo wir los sind, ist da wieder die Vorfreude auf das Unbekannte, neue Orte, neue Menschen. Alle, die wir hier bisher kennengelernt haben, strahlen neben ihrer Gastfreundschaft auch diese Liebe für ihr Land aus uns nennen uns Plätze, an denen wir vorbeikommen müssen und Dinge, die wir gesehen haben sollten. Trotz der vielen Touristen scheinen die Locals hier nicht von „uns“ genervt zu sein, sondern freuen sich und teilen ihre Lieblingsorte. Bei einer Einwohnerzahl von gerade mal 5 Millionen Menschen und knapp 2 Millionen Touristen, die jährlich das Land besuchen, ist dies schon besonders schön. Fun Fact: Da das Land so wenig Menschen hat sind die Handynummern hier auch kürzer (10 statt 12 Ziffern).
Während der vergangenen Woche waren wir durch die vielen Erledigungen häufig in Christchurch unterwegs, was wir mit Besuchen bei Liz Lieblings Hot Yoga Studio verbunden haben. Die dort erfahrene Entspannung war im nächsten Moment häufig wieder dahin, denn der Stadtverkehr mit einem Campervan und dann noch links ist nicht immer so einfach. Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass ich Anfangs etwas Reiseübelkeit hatte. Als Beifahrer links einfach tatenlos rumzusitzen, und falsch herum in den Kreisverkehr zu fahren braucht einiges an Gewohnheit!
Und dann war da noch Matthias Geburtstag! Vielleicht erinnert, ihr euch, dass wir das Visum kurz vor seinem 30. Geburtstag beantragen mussten und hatten dann ein Jahr Zeit, um einzureisen! Ein paar Tage nach Ankunft haben wir also seinen 31. Geburtstag mit einer schönen Wanderung in Lyttelton, einem Besuch im Café und einer Hot Yoga Stunde verbracht. Und jetzt sitzen wir hier, auf einem Freedom Camp in Akaroa (siehe Karte) die Laptops geladen dank Solartechnik und müden Beinen, denn die sind an die Höhenmeter und Anstrengung der heutigen Wanderung noch nicht gewöhnt. Ab jetzt wollen wir auch so viel es geht wandern und uns auf unseren ersten mehrtägigen Great Walk vorbereiten- den Abel Tasman Track im Norden der Südinsel. Jeden Tag wird es etwas wärmer und durch die Zeitumstellung in der letzten Woche ist es auch noch hell zur Abendessenszeit um 19 Uhr. Sobald die Sonne weg kommt die Kälte, bei der einem nichts übrig bleibt, außer früh ins Bett zu gehen. Gut, dass wir somit viel Zeit zum Lesen haben und uns dem Buch Herr der Ringe widmen - denn diese Geschichte sollte man kennen, wenn man für ein Jahr in Neuseeland ist.
Alles Liebe und bis bald,
Matthias und Maike