Was noch besser ist, als Neuseeland im Campervan für mehrere Monate zu bereisen? Es gemeinsam mit Freunden zu tun! Kurz vor Weihnachten sind Tobi und Selma, unsere ehemaligen Mitbewohner aus der Eppelheimer WG, zu uns nach Christchurch geflogen und nun sind wir schon seit 4 Wochen gemeinsam unterwegs, auf Land und auf dem Wasser! Gerade schwankt es unter mir, und ich muss beim Tippen immer mal wieder pausieren. Jetzt haben wir offiziell die Südinsel verlassen und sind mit der Autofähre auf dem Weg von Picton nach Wellington, Neuseelands Hauptstadt. Vorsichtig manövriert das Schiff sich den Weg durch die grün bewachsenen "Malborough Sounds", eine wunderschöne Hügellandschaft, in der wir auch die vergangenen Tage verbracht haben. Die Sonne scheint, aber der Wind verleitet uns nach kurzer Zeit doch dazu, reinzugehen und ich kann die Überfahrt nutzen, um die letzten Wochen auf der Südinsel zu reflektieren.
Gemeinsam mit Tobi und Selma haben wir mit Liz und ihren Freunden Weihnachten gefeiert und es ein grosses Buffett, zu dem alle beigetragen haben. Nach längerem Suchen fand ich in einem kleinen Biomarkt tatsächlich auch Rotkohl im Glas, ohne das hätte es sich ja kaum wie Weihnachten angefühlt!
Am nächsten Tage machten wir uns schon auf den Weg, schließlich gibt es noch viel zu entdecken. Mit einer groben Route im Kopf wollten wir zuerst an die Westcoast und hielten unterwegs einige Male entlang des Arthurs Pass, welcher die Ost-und Westküste miteinander verbindet. Viele Höhenmeter rauf, und auch wieder runter. Unser Van Herbie macht alles tapfer mit, obwohl wir zu einem späteren Zeitpunkt der Reise noch feststellen werden, dass ihm seit einiger Zeit etwas sehr wichtiges fehlt! Für eine erste (wirklich harte) Wanderung mit Hüttenübernachtung hielten wir kurz vor Erreichen der Westküste an und kletterten hinauf zur Carroll Hut. Ein Fitnesstest für uns alle, und gleichzeitig auch eine gute Vorbereitung für die kommenden Wochen. Dort machten wir auch zum ersten Mal die Bekanntschaft mit der Vogelart "Weka", auch Bush Chicken genannt, die einem alles klauen, was nicht fest und gut verstaut ist. Und "Keas", den Wilden Papageien, die aus Langerweile gerne Auto-Antennen und Scheibenwischer kaputt machen.
Es folgten weitere (Mehr-)Tageswanderungen, auch mit Zelt, und an den meisten Tagen wurden wir mit bestem Wetter belohnt. Es ist eine Sache, nach 18km Wandern und einigen Höhenmetern endlich am Ziel angekommen zu sein, aber noch eine ganz andere, wenn man sich direkt danach noch in den natürlichen Hot Pools hinter dem Zeltplatz ausruhen kann! Für alle vier von uns war die Wanderung zur "Welcome Flat Hut" definitiv die anstrengendste Wanderung, die wir bis jetzt auf der Südinsel gemacht haben- aber es hat sich gelohnt. Alle Routen sind auf unserer Karte markiert.
Silvester haben wir in der kleine Stadt Greymouth verbracht, es gab Live Musik und ein zentrales Feuerwerk für alle. Wenn man Alkohol trinken wollte, musste man in den mit einem 30cm hohen Zaun abgetrennten Bereich vor der Bar gehen, außerhalb gab es nur Kaffee und Softgetränke. Es war dementsprechend eine sehr friedliche und entspannte Atmosphäre, es wurde Line Dance getanzt und kurz nach dem Feuerwerk um Mitternacht gingen alle fröhlich nachhause. Die Westcoast ist bekannt für ihr regnerisches und raues Wetter, wodurch der "Native Bush" besonders grün und lebhaft erscheint. Das Leben im Campervan wird bei Regen um einiges ungemütlicher, aber glücklicherweise blieben wir weitestgehend trocken und hatten teilweise besseres Wetter, als in den meisten anderen Teilen Neuseelands. Ich wollte unbedingt wieder surfen gehen, hatte aber nach dem einschüchternden Erlebnis in Dunedin mit der starken Strömung das Bedürfnis, mir nochmal Unterstützung zu suchen. In Westport fand ich einen Surflehrer, der mir half, Vertrauen in mein Tun zurückzugewinnen. Surfen ist für mich eine Gelegenheit, um aus der "Komfortzone" rauszukommen, mich selber herauszufordern und immer wieder auch an Grenzen zu kommen. Eigentlich mag ich das gar nicht und sichere mich im Alltag in allen Entscheidungen ab, plane durch und probiere, für alles gewappnet zu sein. Gleichzeitig brauche ich die Erinnerung, nicht alles beeinflussen zu können und wie gut es sein kann, "to go with flow". Übrigens auch eine gute Einstellung, wenn man im Januar (Neuseelands Sommerferien) versucht, mit vier Leuten und zwei Vans "spontan" zu reisen. Viele Campingplätze sind ausgebucht und es bedarf einiger Planung, doch alle unsere Vorhaben umzusetzen.
Der größte organisatorische Aufwand war unsere 4 Tageswanderung im Abel Tasman Nationalpark. Der erste Great Walk, bei dem wir 3 Nächte gezeltet haben. Es ist dort wirklich so schön, wie man es sich vorstellt. Kristallklares Wasser, goldene Strände und der schönste Sternenhimmel, den man sich vorstellen kann. Es war auch bei weitem nicht so anstrengend, wie vorherige Wanderungen, dafür waren die Rucksäcke durch das viele Essen schwerer. Abends gab es dehydriertes Essen aus der Tüte, Wasser konnten wir überall filtern, gewaschen wurde sich im Meer. Selma und Tobi entschieden sich, die erste Etappe mit dem Kayak zu machen, statt zu wandern. Auf unserem Weg wir sahen Rochen und außergewöhnliche Vögel. Am letzten Tag ging es mit dem Wassertaxi zurück zum Parkplatz. Definitiv der abenteuerlichste Moment der Tour, da es an dem Tag sehr windig und wellig war.
Nach der Tour gönnten wir uns in einem Cafe Burger und Kaffee, bevor sich unsere Wege vorerst trennten. Die anderen beiden fuhren hoch an die Golden Bay, während Matthias und ich unseren Van Herbie (erneut) zur Werkstatt bringen mussten. Während unserer letzten Bergfahrt auf dem Weg zum Nationalpark wurde der Motor (welcher sich bei dem Auto ungewöhnlicherweise unter dem Beifahrersitz befindet) so heiß, dass ich auf dem Gipfel ranfahren musste. Nach Abstellen des Motors kamen Geräusche aus dem Motorraum, die sich nicht gut anhörten! Zum Glück konnten wir mehr den Berg runterrollen, als fahren, und praktischerweise haben begleiten uns ja gerade zwei Ingenieure, die beim nächstes Freedom Camp schon auf uns warteten. Long Story short, das Kühlsystem ist kaputt und muss umgehend repariert werden, wodurch wir statt an den Stränden der Golden Bay eine Nacht auf dem Parkplatz vor der Werkstatt im Industriegebiet nächtigten. Auch schön. Herbie hat neben einem neuen Radiator auch direkt einen ganzen Service bekommen und so rollten wir zwei Tage später mit einem sorgloseren Gefühl aus der Werkstatt Richtung Malborough Sounds. Hier verbrachten wir mehrere Tage an einem Ort, was sich wie Urlaub vom Urlaub anfühlt. Und das Beste: Es gab eine Wiedervereinigung mit Liz und unsere Gruppe erweiterte sich um drei Personen! Liz Oma und Tante sind derzeit für ein paar Wochen zu Besuch und gemeinsam hatten wir einfach eine richtig schöne Zeit. Es wurden Karten gespielt, im Meer gebadet, Geschichten erzählt und lecker gekocht. Und das alles wieder bei bestem Wetter! In einer Nacht, über uns der klarste Sternenhimmel, konnten wir die Biolumineszenz von Algen im Meer so deutlich sehen, wie ich es vorher nur mal in Kanada erlebt habe. Besser hätte der Abschluss für unsere Zeit auf der Südinsel nicht sein können.
Die nächsten vier Wochen werden wir den nördlichen Teil Neuseelands noch im Campervan erkunden und nach Selmas Abflug Mitte Februar den Verkauf von Herbie angehen. Tobi hat zwei Wochen weniger Urlaub und wird schon vorher fliegen. Allzu viele Pläne für die Nordinsel gibt es noch nicht, aber Konzertkarten für die neuseeländische Band Fat Freddys Drop in Wellington sind gesichert!
Nach wie vor beschäftigt uns der Gesundheitszustand von Matthias. Seine Symptome wurden trotz der Antibiotikatherapie nicht besser, und auch wenn er mit der derzeitigen Diät ein besseres Energielevel hat, bleiben Zweifel. Zweifel, ob das Abenteuer Neuseeland es wert ist, die Gesundheit aufs Spiel zu setzen und nötige Untersuchungen noch weiter rauszuschieben. Zweifel, ob die Auslandskrankenversicherung teure diagnostische Tests übernimmt, um die Ursache herauszufinden. Nach langen Überlegungen hat Matthias sich entschieden, einen Flug nachhause zu buchen, und zwar schon Mitte März. Damit geht unsere gemeinsame Reise deutlich früher zu Ende, als ursprünglich geplant. Gleichzeitig ist es die beste Entscheidung, die er für sich treffen konnte. Die tägliche Auseinandersetzung mit der Frage, was denn das Problem sein könnte, ist eine große Belastung und kann viel Raum einnehmen. Wir haben nach Selmas Abflug noch Zeit, um Herbie zu verkaufen und an einem Ort etwas zur Ruhe zu kommen. Vielleicht finden wir sogar ein Projekt, bei dem wir mithelfen können oder eine Housesitting Möglichkeit (dabei passen wir sozusagen auf das Haus von Leuten auf, die im Urlaub sind, versorgen Katzen/Hunde/Pflanzen und können dafür dort wohnen). Ich habe entschlossen, noch ein paar Wochen länger zu bleiben. Gebucht ist noch nichts, denn ich habe einige Dinge auf meiner Bucketlist, die es noch abzuhaken gilt. Es wird spannend, wie das Leben ohne Auto und dann auch ohne Matthias in Neuseeland funktioniert, und vermutlich komme auch ich im Frühling zurück nach Deutschland. Man könnte meinen, die restlichen 5 Monate des Visums werden verschwendet, aber während bei euch die Tage langsam wieder länger werden, neigt sich hier der Sommer dem Ende zu. Für den Winter bräuchte ich einen "richtigen" Job, und eine feste Unterkunft, und eigentlich möchte ich Matthias bei seiner Suche nach Antworten in Deutschland unterstützen. Bald beginnt für uns also ein neues Kapitel in Heidelberg, wir machen uns auf Wohnungssuche und ich werde mich nach einem Job in der Neurologie als Physiotherapeutin umhören. Matthias kann seinen Job in der Software-Entwicklung vor Ort weiter fortführen. Back to Reality, aber es kommt auch Vorfreude auf - Vorfreude auf Heidelberg und seine Menschen!
Den Blog schreiben wir natürlich noch weiter, schließlich werden wir hier auf der Nordinsel noch so einiges erleben, was wir mit euch teilen möchten. Danke, dass ihr euch die Zeit nehmt und unsere Geschichte lest, für eure lieben Worte und das Feedback. Und hoffentlich hattet ihr einen guten Start in das neue Jahr!
Liebe Grüße aus Wellington,
Matthias und Maike
P.S. Credits für den Titel dieses Eintrages gehen an Tobi, danke dafür! :)